PatVerfü-Handbuch

Ei­ni­ge Tex­te des Hand­buch Pat­Ver­fü wer­den zur Zeit (1/2019) ak­tua­li­siert. Wir bit­ten noch um ein we­nig Ge­duld.

Das PatVerfü-Handbuch enthält ausführliche Informationen rund um das Thema PatVerfü. Sie können das Handbuch online lesen, als EBook herunterladen oder die gedruckte Broschüre bestellen. Oder lesen Sie die Einführung ins Thema.

Das PatVerfü-Handbuch ent­hält aus­führ­li­che In­for­ma­tio­nen rund um das Thema Pat­Verfü. Die The­men rei­chen von den ge­setz­li­chen Grund­la­gen für psych­ia­tri­schen Zwang bis hin zu prak­ti­schen Tipps, um sich mit der Pat­Verfü vor Zwangs­maß­nahmen zu schützen.

Befreiung aus einer Zwangs-„Betreuung“ mithilfe einer PatVerfü

Am bes­ten ist, es gar nicht so weit kom­men zu las­sen, ent­mün­digt zu wer­den. Die Pat­Ver­fü macht es ja mög­lich, sich ei­ner zwangs­wei­sen Be­stel­lung ei­nes Vor­munds zu ent­zie­hen, wie auch das auf den vo­ri­gen Sei­ten ab­ge­druck­te Ge­richts­ur­teil vom 08.11.2010 zeigt. Wenn­gleich die Stär­kung des Pa­ti­en­ten­wil­lens ei­ne hoff­nungs­fro­he Per­spek­ti­ve auch für „be­treu­te“ Men­schen bie­tet – nach bis­he­ri­gem Stand der Din­ge ist in vie­len Fäl­len un­ver­än­dert zu be­fürch­ten: Mit ei­ner ir­re­füh­rend „Be­treu­ung“ ge­nann­ten Vor­mund­schaft ist man recht­lich vom Men­schen zum hirn­kran­ken Fleisch mu­tiert. Wenn es al­so doch pas­siert ist, dass ei­ne „Be­treu­ung“ ge­gen den ei­ge­nen Wil­len ein­ge­rich­tet wur­de oder ei­ne un­ge­woll­te Wen­dung ge­nom­men hat, müs­sen ver­blei­ben­de recht­li­che Mög­lich­kei­ten kon­se­quent ge­nutzt wer­den, um aus ei­ner Zwangs­be­treu­ung wie­der raus­zu­kom­men. Seit dem 1.9.2009 ist zu be­ach­ten, dass ge­gen die Ein­rich­tung der „Be­treu­ung“ ge­nann­ten Ent­mün­di­gung nur ei­ne ein­mo­na­ti­ge Be­schwer­de­frist be­steht; han­delt es sich um die einst­wei­li­ge An­ord­nung ei­ner „Be­treu­ung“, be­trägt die Frist so­gar nur 2 Wo­chen (§ 63 FamFG). Da­nach kann zwar ein An­trag auf Auf­he­bung der „Be­treu­ung“ ge­stellt wer­den, aber es ist lei­der ei­ni­ges an ei­ge­ner Aus­dau­er er­for­der­lich. Man soll­te so­wohl bei der Be­schwer­de, wie bei dem An­trag auf Auf­he­bung der „Be­treu­ung“ be­reit sein, Geld für eine/n Anwalt/in, ein ärzt­li­ches At­test und ei­nen No­tar auf­zu­brin­gen. Nach Um­fra­ge bei ei­ni­gen An­wäl­ten be­tra­gen die Ge­samt­kos­ten bei ei­nem orts­an­säs­si­gen An­walt ca. 600,- Eu­ro.

Fol­gen­de drei vor­be­rei­ten­de Schrit­te sind Vor­aus­set­zung für ein ei­ni­ger­ma­ßen schnel­les Ver­fah­ren:

  1. Eine/n im Be­treu­ungs­recht erfahrene/n Rechtsanwalt/Rechtsanwältin des Ver­trau­ens raus­su­chen. Wenn diese/r orts­an­säs­sig ist, Ter­min mit ma­chen (Be­ra­tungs­schein vom Ge­richt vor­her be­sor­gen, wenn man So­zi­al­hil­fe­emp­fän­ger ist), hin­ge­hen und den Plan be­spre­chen, wie man sich aus der Be­treu­ung be­freit. Bei ei­nem orts­frem­den An­walt wäh­rend ei­nes Te­le­fon­ge­sprächs ab­spre­chen, um was es geht, auf die FAQ des Wer­ner-Fuß-Zen­trums (www.zwangspsychiatrie.de/faq) hin­wei­sen und ver­su­chen, sei­ne Zu­stim­mung zu er­lan­gen, als Bevollmächtigte/r in ei­ner Pa­ti­en­ten­ver­fü­gung mit ein­ge­bau­ter Vor­sor­ge­voll­macht nach www.PatVerfü.de zu fun­gie­ren.
  2. Min­des­tens ei­nen, mög­lichst aber zwei psych­ia­trie­kri­ti­sche Men­schen fin­den, die man um Zu­stim­mung bit­tet, als Be­voll­mäch­tig­te für ei­ne Pa­ti­en­ten­ver­fü­gung mit ein­ge­bau­ter Vor­sor­ge­voll­macht nach www.PatVerfü.de zu fun­gie­ren. So­bald man die Be­voll­mäch­tig­ten ge­fun­den hat, die For­mu­la­re ent­spre­chend aus­fül­len und das Pa­pier zu ei­nem No­tar brin­gen und mit ihm ei­nen Ter­min zur Be­ur­kun­dung (NICHT nur zur Un­ter­schrifts­be­glau­bi­gung!) ab­ma­chen. Von sich aus nie et­was von der be­stehen­den Be­treu­ung er­zäh­len, aber falls man vom No­tar da­nach ge­fragt wer­den soll­te, den Ter­min even­tu­ell ab­bre­chen, Pa­pie­re mit­neh­men, nach der Rech­nung fra­gen und ge­hen. Den glei­chen Vor­gang dann bei ei­nem an­de­ren No­tar wie­der­ho­len, bis man ei­nen ge­fun­den hat, der die Be­ur­kun­dung oh­ne Fra­ge nach ei­ner exis­tie­ren­den Be­treu­ung vor­nimmt.
  3. Mög­lichst am sel­ben Tag ein ärzt­li­ches At­test be­sor­gen, in dem ein Arzt die Ge­schäfts­fä­hig­keit be­stä­tigt (vgl. Ab­schnitt „Ge­schäfts­fä­hig­keit zeit­nah at­tes­tie­ren las­sen“). Ein zwei­tes At­test mit dem­sel­ben In­halt von ei­nem an­de­ren Arzt ist noch bes­ser. Wie­der­um von sich selbst aus nie et­was von ei­ner be­stehen­den Be­treu­ung sa­gen und die Arzt­pra­xis ver­las­sen, falls der Arzt von sich aus da­nach fra­gen soll­te. Denn so­wohl das At­test als auch die no­ta­ri­el­le Be­ur­kun­dung wür­den wert­los, wenn man auf ei­ne Nach­fra­ge ei­ne fal­sche Aus­kunft ge­ge­ben hät­te, al­so ei­ne be­stehen­de Be­treu­ung ab­ge­strit­ten hät­te. Durch Dok­tor- bzw. Notar-„Hopping“ wer­den sich die­se Un­ter­la­gen im­mer be­sor­gen las­sen.
  4. Die no­ta­ri­el­le Ur­kun­de und das At­test bzw. die ärzt­li­chen At­tes­te legt man dem An­walt (sie­he 1.) im Ori­gi­nal vor und un­ter­zeich­net ei­ne auf ihn lau­ten­de Voll­macht. Der Rechts­an­walt be­an­tragt mit Ko­pien der Ur­kun­den die so­for­ti­ge Auf­he­bung der Be­treu­ung beim zu­stän­di­gen Be­treu­ungs­ge­richt. Sei­ne Be­grün­dung da­für: Durch die in die Pat­Ver­fü ein­ge­bau­te Vor­sor­ge­voll­macht ist die Er­for­der­lich­keit für die Be­treu­ung nicht mehr ge­ge­ben und des­halb muss die Be­treu­ung auf­ge­ho­ben wer­den. Da­nach braucht es Ge­duld, bis das Amts­ge­richt ent­schei­det. Bei des­sen Ab­leh­nung geht die Be­schwer­de in die nächst­hö­he­re In­stanz, das Land­ge­richt, und bei ei­ner wei­te­ren Ab­leh­nung wird der Bun­des­ge­richts­hof letzt­end­lich zum Recht ver­hel­fen.[81]

[81] Das Bran­den­bur­gi­sche Ober­lan­des­ge­richt (OLG) hat das mit dem Ak­ten­zei­chen 11 Wx 44/06 und das Ol­den­bur­gi­sche OLG mit dem Ak­ten­zei­chen 5 W 97/02 eben­falls schon ge­tan (wei­te­re Li­te­ra­tur da­zu: Ba­y­O­bLG FamRZ 2004, 403, Schwab in Mü­Ko zum BGB, 4. Aufl., § 1896 Rn. 48; Palandt/Diederichsen, BGB, 64. Aufl., § 1896 Rn. 11; Klie, FPR 2004, 671, 672).