Befreiung aus einer Zwangs-„Betreuung“ mithilfe einer PatVerfü

Befreiung aus einer Zwangs-„Betreuung“ mithilfe einer PatVerfü

Am besten ist, es gar nicht so weit kommen zu lassen, entmündigt zu werden. Die PatVerfü macht es ja möglich, sich einer zwangsweisen Bestellung eines Vormunds zu entziehen, wie auch das auf den vorigen Seiten abgedruckte Gerichtsurteil vom 08.11.2010 zeigt. Wenngleich die Stärkung des Patientenwillens eine hoffnungsfrohe Perspektive auch für „betreute“ Menschen bietet – nach bisherigem Stand der Dinge ist in vielen Fällen unverändert zu befürchten: Mit einer irreführend „Betreuung“ genannten Vormundschaft ist man rechtlich vom Menschen zum hirnkranken Fleisch mutiert. Wenn es also doch passiert ist, dass eine „Betreuung“ gegen den eigenen Willen eingerichtet wurde oder eine ungewollte Wendung genommen hat, müssen verbleibende rechtliche Möglichkeiten konsequent genutzt werden, um aus einer Zwangsbetreuung wieder rauszukommen. Seit dem 1.9.2009 ist zu beachten, dass gegen die Einrichtung der „Betreuung“ genannten Entmündigung nur eine einmonatige Beschwerdefrist besteht; handelt es sich um die einstweilige Anordnung einer „Betreuung“, beträgt die Frist sogar nur 2 Wochen (§ 63 FamFG). Danach kann zwar ein Antrag auf Aufhebung der „Betreuung“ gestellt werden, aber es ist leider einiges an eigener Ausdauer erforderlich. Man sollte sowohl bei der Beschwerde, wie bei dem Antrag auf Aufhebung der „Betreuung“ bereit sein, Geld für eine/n Anwalt/in, ein ärztliches Attest und einen Notar aufzubringen. Nach Umfrage bei einigen Anwälten betragen die Gesamtkosten bei einem ortsansässigen Anwalt ca. 600,- Euro.

Folgende drei vorbereitende Schritte sind Voraussetzung für ein einigermaßen schnelles Verfahren:

  1. Einen im Betreuungsrecht erfahrenen Rechtsanwalt des Vertrauens raussuchen. Wenn er ortsansässig ist, Termin mit dem Anwalt machen (Beratungsschein vom Gericht vorher besorgen, wenn man Sozialhilfeempfänger ist), hingehen und den Plan besprechen, wie man sich aus der Betreuung befreit. Bei einem ortsfremden Anwalt während eines Telefongesprächs absprechen, um was es geht, auf diese Hinweise hier bzw. im Handbuch hinweisen und versuchen, seine Zustimmung zu erlangen, als Anwalt das Mandat für eine Befreiung aus einer „Betreuung“ mit Hilfe einer Patientenverfügung mit eingebauter Vorsorgevollmacht nach www.PatVerfü.de zu übernehmen.
  2. Mindestens einen, möglichst aber zwei psychiatriekritische Menschen finden, die man um Zustimmung bittet, als Bevollmächtigte für eine Patientenverfügung mit eingebauter Vorsorgevollmacht nach www.PatVerfü.de zu fungieren. Sobald man die Bevollmächtigten gefunden hat, die Formulare entsprechend ausfüllen und das Papier zu einem Notar bringen und mit ihm einen Termin zur Beurkundung (NICHT nur zur Unterschriftsbeglaubigung!) abmachen. Von sich aus nie etwas von der bestehenden Betreuung erzählen, aber falls man vom Notar danach gefragt werden sollte, den Termin eventuell abbrechen, Papiere mitnehmen, nach der Rechnung fragen und gehen. Den gleichen Vorgang dann bei einem anderen Notar wiederholen, bis man einen gefunden hat, der die Beurkundung ohne Frage nach einer existierenden Betreuung vornimmt.
  3. Möglichst am selben Tag ein ärztliches Attest besorgen, in dem ein Arzt die Geschäftsfähigkeit bestätigt (vgl. Abschnitt „Geschäftsfähigkeit zeitnah attestieren lassen“). Ein zweites Attest mit demselben Inhalt von einem anderen Arzt ist noch besser. Wiederum von sich selbst aus nie etwas von einer bestehenden Betreuung sagen und die Arztpraxis verlassen, falls der Arzt von sich aus danach fragen sollte. Denn sowohl das Attest als auch die notarielle Beurkundung würden wertlos, wenn man auf eine Nachfrage eine falsche Auskunft gegeben hätte, also eine bestehende Betreuung abgestritten hätte. Durch Doktor- bzw. Notar-„Hopping“ werden sich diese Unterlagen immer besorgen lassen.
  4. Die notarielle Urkunde und das Attest bzw. die ärztlichen Atteste legt man dem Anwalt (siehe 1.) im Original vor und unterzeichnet eine auf ihn lautende Vollmacht. Der Rechtsanwalt beantragt mit Kopien der Urkunden die sofortige Aufhebung der Betreuung beim zuständigen Betreuungsgericht. Seine Begründung dafür: Durch die in die PatVerfü eingebaute Vorsorgevollmacht ist die Erforderlichkeit für die Betreuung nicht mehr gegeben und deshalb muss die Betreuung aufgehoben werden. Danach braucht es Geduld, bis das Amtsgericht entscheidet. Bei dessen Ablehnung geht die Beschwerde in die nächsthöhere Instanz, das Landgericht, und bei einer weiteren Ablehnung wird der Bundesgerichtshof letztendlich zum Recht verhelfen.[81]

[81] Das Brandenburgische Oberlandesgericht (OLG) hat das mit dem Aktenzeichen 11 Wx 44/06 und das Oldenburgische OLG mit dem Aktenzeichen 5 W 97/02 ebenfalls schon getan (weitere Literatur dazu: BayObLG FamRZ 2004, 403, Schwab in MüKo zum BGB, 4. Aufl., § 1896 Rn. 48; Palandt/Diederichsen, BGB, 64. Aufl., § 1896 Rn. 11; Klie, FPR 2004, 671, 672).